Ohne Berge und Schnee geht es nicht
Schanfigger Momentaufnahmen». Heute im Porträt: Hitsch Sprecher
Im Gespräch mit Hitsch Sprecher von der Sunnarüti über Snowboarden, Schreinern und ganz viel Engagement
Christian «Hitsch» Sprecher ist immer für eine Überraschung gut: Da sitzt man auf der wunderschönen Terrasse an seinem Haus in der Sunnarüti, und plötzlich kommt ein schneeweisses Huhn angelaufen, springt einem auf den Schoss in der deutlichen Erwartung von einigen Streicheleinheiten. «Die ist sehr anhänglich», erklärt Hitsch, und fügt hinzu: «Die kommt sogar ins Haus, legt dort ab und zu ein Ei und schaut mit mir zusammen auf dem Gutschi Skirennen.» Und sie sei, wie er selbst, ein grosser Fan von Marco Odermatt. Wäre das nicht schon kurios genug, erzählt er noch die Geschichte der Henne: «Das ist ein Coop-Huhn.» Im Rahmen eines Schulprojekts einer Tochter von ihm sei das Ei in einem Brutkasten ausgebrütet worden. Statt als Spiegelei zu enden, lebt das «Supermarkt-Huhn» nun schon seit fünf Jahren im Hause Sprecher und geniesst sein Leben. Am vergangenen Samstag war die Henne der «Stargast» bei der Vernissage der neuen Ausstellung «Aus der Stube von ...» im Kulturhuus Schanfigg in Langwies.
Wenn in Langwies eine Veranstaltung organisiert, im Kulturhuus eine Ausstellung aufgebaut, Ski- oder Schlittelrennen vorbereitet werden, dann ist Christian Sprecher meist «mittendrin». Nicht zu vergessen die schöne Eisfläche, die er ebenfalls betreut. Das alles neben der hauptberuflichen Arbeit in seiner Schreinerei und dem Ferienhaus Strela. Wie viel Stunden hat gleich wieder ein Tag? Bei alledem strahlt Hitsch Sprecher eine grosse Gelassenheit und Ruhe aus, den Kopf immer voller (neuer) Ideen. Gleichwohl würde er sich natürlich darüber freuen, wenn die Langwieser noch mehr aus dem Haus gingen, Veranstaltungen besuchten oder unterstützten.
Zusammen mit drei Geschwistern ist Hitsch Sprecher in der Sunnarüti aufgewachsen, wo die Eltern einen Bauernhof hatten. Es war eine glückliche Kindheit auf kleinem Raum: «Wenn ich nach Langwies bin, war das schon weit weg.» Zusammen mit den wenigen Nachbarskindern ging es zum Spielen in den Wald oder auf die Wiesen. «Sunnarüti ist unsere Welt gewesen.» Natürlich musste Hitsch schon früh im elterlichen Betrieb helfen, etwa beim Heuen. «Das ist normal gewesen. Du hast gar nichts anderes gekannt.» Die ersten Schuljahre ging es nach Langwies, im Winter zu Fuss, im Sommer mit dem Velo; die letzten drei Jahre dann in Arosa. «Die Aroser haben auf uns Talschüler schon ein bisschen heruntergeschaut», erinnert er sich, dass nicht immer alles ohne Probleme war.
Nach der Schule machte Hitsch bei Holzbau Flüeler in Arosa eine Schreinerlehre. Die Berufswahl war kein Zufall: «Ich habe mir nie etwas anderes vorstellen können. Es war klar, dass ich mit Holz schaffen möchte. Das Material Holz fasziniert mich.» Es folgten die Rekrutenschule, eine berufliche Station in Landquart und schliesslich drei Monate in Kanada, wohin Jos und Olga Engel vom Rütihof ausgewandert waren. «Ich habe mitgeholfen, den Beiden ihr Traumhaus zu bauen.»
Zurück in der Schweiz arbeitete er acht Jahre bei Albert Hafen in Langwies und drei Jahre bei Kavi in Peist. «Danach war es ein fliessender Übergang in die Selbstständigkeit.» Immer mehr Hausbesitzer in Langwies und in den Seitentälern kamen auf ihn zu, wollten ihre traditionellen Häuser erneuern. Die Selbstständigkeit gefällt ihm gut: «Da kann ich arbeiten, wie ich das möchte und vieles verwirklichen.»
Inzwischen hatte Hitsch Sprecher geheiratet – seine dänische Frau Helle lernte er allerdings nicht im hohen Norden kennen. «Da hatte ich es nicht weit», lacht er. Denn sie habe drüben im Rütihof in Litzirüti gearbeitet während der Saison im Winter 1992. «Dann sind wir zusammen in den Ausgang, und da hat es gefunkt.» Zwar ging Hitsch sogar einmal für ein halbes Jahr mit Helle nach Dänemark, arbeitete dort als Schreiner und lernte die Sprache. «Das war interessant, aber ich könnte mir nicht vorstellen, dort dauerhaft zu leben, ohne Berge, ohne Snowboarden und Skifahren.» Zum Glück gefiel es auch Helle im Schanfigg so gut, dass sie nach einigen weiteren Saisons ganz hier geblieben ist. Drei Kinder wurden geboren, zwei Töchter und ein Sohn.
Das Skifahren und Snowboarden ist bis heute eine grosse Leidenschaft von Hitsch geblieben. Dabei ist er selten im Skigebiet, sondern vor allem auf Touren unterwegs, «bei denen ich die Schönheit der Natur geniessen und immer neue Routen finden kann». Was im Winter das Snowboard ist im Sommer das E-Bike – und auch damit ist er gern im Schanfigg unterwegs.
Als weiteres Standbein kam 2005 das Ferienhaus Strela dazu, das bis dahin der Stadt Luzern gehört hatte. «Wir wollten gern ein Haus, das man renovieren und vermieten könnte.» Mit den Verantwortlichen der Stadt sei man schnell einig geworden, und kaum gekauft, meldeten sich die ersten Gruppen, die bereits zuvor im Haus Strela zu Gast waren. Zum Glück sei das Haus komplett mit allem ausgestattet gewesen, was es gebraucht habe – Besteck, Matratzen, Decken … Bis heute ist es fast ein Selbstläufer, an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Und die Vermietung läuft vor allem in der Zwischensaison gelegentlich unkonventionell – die Tür ist offen, die Zimmer sind parat, «und ich sage den Leuten dann, dass sie das Geld auf den Nachttisch legen können».
Neben der beruflichen Tätigkeit engagiert sich Hitsch vielfältig im Dorf, etwa als Präsident des Skiclubs Strela. «Das hat sich so ergeben, weil es sonst niemand macht», lacht er, auf die Beweggründe für seinen Einsatz angesprochen. «Es muss doch was laufen im Dorf, das ist wichtig. Es sind halt immer die Gleichen, die zum Helfen kommen.» Und wenn im Kulturhuus handwerkliche Fertigkeiten gefragt sind, ist er immer gern zur Stelle, entweder er selbst oder sein Mitarbeiter Mohammad Saadat, der gerade seine Lehre als Schreiner begonnen hat. Es sei zuvor schon sehr gut gelaufen im Kulturhuus, sagt Hitsch, aber mit Carla Gabrí sei nun noch mehr Schwung in die Sache gekommen. «Es ist cool, mit ihr zusammenzuarbeiten.»
Nicht vergessen möchte Hitsch Sprecher, abschliessend noch auf ein weiteres grosses Hobby von sich hinzuweisen: das Eisfeld beim Haus Strela. «Es ist immer wieder spannend, wie sich das Eis und der Schnee bei den verschiedenen Wettereinflüssen verändert. Es ist dann eine schöne Genugtuung, wenn ich eine schöne Eisfläche präsentieren kann.» Umso mehr, wenn sich Gäste danach mit folgenden Zeilen bedanken: «Die Eisbahn war ein riesiger Gewinn für unser Abendprogramm!»