9. Februar 2024

«Ein Leben ohne die Musik kann ich mir nicht vorstellen»

Reportagenreihe «zTal und zBerg.
Schanfigger Momentaufnahmen». Heute im Porträt: Andri Probst
Andri Probst ganz in seinem Element. | © Nina Homberger
Und natürlich packt Andri Probst auch gerne mit an!  | © Nina Homberger
Andri Probst ganz in seinem Element. | © Nina Homberger
Und natürlich packt Andri Probst auch gerne mit an!  | © Nina Homberger

Andri Probst im Gespräch über seine Zeit bei Arosa Kultur und seine Faszination für die Welt der Töne

Musik – das ist die Welt von Andri Probst. Das konnte man in den vergangenen zehn Jahren bei zahlreichen Gelegenheiten spüren. Nach dem plötzlichen Tod von Christian Buxhofer übernahm er 2014 die Geschäftsleitung von Arosa Kultur, später konzentrierte er sich auf die künstlerische Leitung, und seit dem vergangenen Jahr ganz auf das Festival Arosa Sounds. Das ist einerseits schade, andererseits zeigt es ebenso, wie sehr er sich mittlerweile mit dem Schanfigg und Arosa Kultur verbunden fühlt. Denn Andri Probst lebt mit seiner Familie in Bern, und so ist jeder Termin mit viel Aufwand und noch mehr Zeit verbunden. «Bern ist einfach zu weit weg. In diesen Jahren bin ich unglaublich viel gependelt.» Und so fiel denn doch die Entscheidung, das Pensum respektive die Aufgaben hier sukzessive zu reduzieren. Aber ganz ohne Arosa, nein, das mag er sich wenigstens im Moment nicht vorstellen. «Das ist ein absoluter Bauchentscheid gewesen.» Zumal Arosa Sounds ein Format sei, das er selbst initiiert und gegründet habe. «Ich sehe hier noch viel Potenzial, und darauf habe ich grosse Lust, Dinge zu entdecken und auszuprobieren.»

Das Engagement ist wichtig

Dass Arosa zumindest in der Saison ein Kulturprogramm hat, auf das eine mittelgrosse Stadt stolz wäre, ist den verschiedenen Playern zu verdanken. Und so sagt auch Andri Probst: «Ohne das grosse Engagement Einzelner wäre das nicht möglich.» Eben im Unterschied zu einer grossen Stadt bedürfe es immer dieses Engagements von Schlüsselpersonen. Wenn es diesen gelinge, die anderen Leistungsträger in der Gemeinde davon zu überzeugen, dass ein so umfangreiches Kulturprogramm eine gute Sache ist, «dann gelingt es». Der Unterschied etwa zu Davos, wo es ebenfalls ein grosses Kulturangebot gebe, seien dabei die Musikkurswochen. «Das gibt dem Verein eine Grundlage und Legitimation weit in wirtschaftliche Bereiche hinein», durch sehr viele Logiernächte oder die Konsumation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Restaurants und Geschäften.

Die Künstler kommen gern

Umgekehrt falle es gar nicht schwer, Künstlerinnen und Künstler für einen Auftritt in Arosa zu gewinnen. Genau das Gegenteil sei oft der Fall, weil es für sie etwas ganz anderes als das Gewohnte ist und weil sie es sogar mit ein paar Ferientagen verbinden können. Arosa werde von den Musikerinnen und Musikern als Ferienort verstanden. «Das ist unsere Identität.» Aber eben ein Ferienort mit viel Kultur, und das werde von den Besucherinnen und Besuchern so wahrgenommen. Das seien weiche Faktoren, die durchaus bei der Wahl des Ferienorts eine Rolle spielen könnten. In die Klage, dass zu wenige Einheimische die Veranstaltungen besuchten, möchte er nicht einstimmen. Studien zufolge sei es gerade einmal ein Prozent der Bevölkerung, das regelmässig Konzerte oder Theateraufführungen besuche. Das sei in Grossstädten nicht anders als auf dem Dorf. Und ein Prozent, das seien auf Arosa bezogen 30 Personen. «Insofern ist es schon erstaunlich, mit welcher Regelmässigkeit die Menschen zu unseren Konzerten kommen.»

Musik als permanenter Begleiter

Musik begleitet Andri Probst schon von Kindheit an, führten seine Eltern doch ein Musikhaus in Chur. Dort besuchte er auch das Lehrerseminar und erwarb das Primarlehrerpatent. Dann aber rief endgültig die Musik: Zum Studium der Violine zog er nach Zürich und von dort weiter nach Bern, an der dortigen Fachhochschule widmete sich Andri Probst der elektronischen Musik und der Performance. Und auch wenn er in den Folgejahren beruflich ganz unterschiedliche Dinge ausprobierte, irgendwie war immer eine Verbindung mit der Musik gegeben. So arbeitete er einerseits selbstständig als Sound-Designer im Bereich Dokumentarfilm, 2009 übernahm er die technische Leitung des Radiosenders Canal 3 in Biel. «Das ist sehr spannend gewesen, weil es mir eine ganz andere, technische Welt eröffnet hat.» Zur Kreativität mit dem eigenen Instrument, der Technik fügte sich als weiterer Baustein die Betriebswirtschaft ein. Und damit waren eigentlich schon die Komponenten für eine Tätigkeit im Bereich Musik- und Kulturmanagement gegeben. Von 2011 bis 2014 war er Co-Inhaber und Geschäftsführer der klubkran Filmproduktion – zusammen mit den Arosern Roman Vital und Sandro Zollinger, die er schon in seiner Churer Zeit kennengelernt hatte. Zugleich arbeitete Andri Probst in der Musikvermittlung beim Aargauer Symphonieorchester, als sich ihm die Chance bot, die Geschäftsführung von Arosa Kultur zu übernehmen.

Der Reiz der Vielfalt

Besonders gereizt an der Aufgabe hat Andri Probst die Vielfalt, die sich ihm dort eröffnet hat – eben nicht die Festlegung auf einen Musikstil oder ein einziges Festival, sondern ganz unterschiedliche Herausforderungen, bis zur Organisation der immer grösser und beliebter werdenden Musikkurswochen im Sommer. «Das hat mich extrem gereizt.» Und diese Vielfalt findet er nach wie vor wichtig: «Ein Verein wie Arosa Kultur hat schon den Auftrag, möglichst viele Menschen anzusprechen. Deshalb muss man breit aufgestellt sein.» Zur Musik seien noch Angebote im Bereich der Literatur dazugekommen. Auch die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Playern in Arosa ist sehr reizvoll, so Probst. Mit dem Kulturhuus Schanfigg und der Bibliothek funktioniere das sehr gut.

Parallel zum etappenweisen Rückzug aus Arosa übernahm Andri Probst neue Aufgaben näher bei seiner Familie. So war er bis vor einem Jahr Geschäftsführer des Musikfestivals Bern, in dem die zeitgenössische Musik im Fokus steht. «Aber irgendwann ist der Punkt gekommen, an dem ich merkte, dass ich jetzt genug organisiert habe.» Mehr und mehr hätten ihn stattdessen strategische Überlegungen interessiert. Und so übernahm er im Januar 2022 die Leitung der Fachstelle Kultur bei der Gemeinde Köniz. Auch in Arosa wird er in kleinem Pensum als stellvertretender Geschäftsführer tätig sein.

Doch egal wie sein beruflicher Weg weitergeht, eines wird sich bei Andri Probst niemals ändern – die Liebe zur Musik: «Wenn ich in ein Konzert gehe und den Musikerinnen und Musikern zuhöre, dann ist das einfach extrem schön. Oft denke ich dann, das ist so toll, ich will auch. Und ich gehe aus einem Konzert fast immer fröhlicher und beschwingter heraus, als ich hineingegangen bin. Musik ist bei mir immer präsent, sie gehört zu meinem Alltag. Ein Leben ohne Musik kann ich mir nicht vorstellen.»

Mit seiner Begeisterung für Musik hat Andri Probst viele Menschen angesteckt – und es bleibt die Hoffnung, dass dieser Funke der Begeisterung noch lange auch in Arosa leuchten wird.

Carla Cabrí Arosa Tourismus | © Arosa Tourismus
Autorenschaft
Carla Gabri
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